„Jazz ist Vielfalt, Jazz ist für Alle“ – Nachhaltigkeit im Jazzclub e.V. Karlsruhe

Seit über zwei Semestern gestalten wir Studierende des ZAKs für Karlsruher Kultureinrichtungen einen nachhaltigen Branchenkodex. Nun erforschten wir mittels eines Interviews mit Herrn Braun den aktuellen Stand des Jazzclubs e.V. Karlsruhe. Weiter evaluierten wir die Anwendung des Branchenkodex, der vier Aspekte (Strategie, Prozess, Umwelt, Gesellschaft) beinhaltet. Ab den 1970er Jahren wirkt der Jazzclub, ausschließlich ehrenamtlich geleitet, nachhaltig in der
regionalen Musikszene. Alle Klassen, Geschlechter, Altersgruppen sollen sich inkludiert fühlen.

Strategie:

Für den Jazzclub e.V. Karlsruhe existiert hinsichtlich des Nachhaltigkeitskodex keine Definition oder niedergeschriebene Strategie. Als Hauptaufgabe versteht der Jazzclub den Beitrag zu einer kulturellen Vielfalt, dem Gemeinwohl dienend. Herr Braun erklärte uns, dass universelle Nachhaltigkeit in den Köpfen der Mitarbeitenden existiere und aus dem Verein heraus entstünde.

Konkret bedeutet das, die Vermeidung von Ressourcenverschwendung (Essen, Wasser), Up- und Recycling als Gegenpol zur Wegwerfgesellschaft (Platten, Bücher), weiter die Umstellung auf elektronische Werbemittel statt Print (aktuell 1/3 elektronisch, aber generationsabhängig). Insbesondere ist der gesellschaftliche Umgang miteinander, im Sinne von Menschlichkeit/ Ethik in den Grundprinzipien des  Jazzvereins verankert. Vornehmlichhaben wir gemeinsam mit Herrn Braun vier prekäre Handlungsfelder aus den SDGs extrahiert: Bildung (freie Konzerte) und Gleichberechtigung, Partnerschaften (Kulturring), sowie Gemeinwohl.
Aktuell befinden sich folgende Punkte im Prozess:
die Benutzung einer cloudbasierten Software zum weiteren Ressourcenmanagement, der Ausbau eigener Räumlichkeiten und das Angebot von freien Konzerten bzw. Konzerten auf Spendenbasis.
Als langfristiges Ziel fokussieren sie sich auf das Bestehen der guten Zusammenarbeit. Erreicht werden soll dies durch Teambuilding-Maßnahmenund demokratische Aufgabenverteilung; die Kontrolle soll über die Vorstände erfolgen.

 

Prozessmanagement

Zukünftig sollen Regeln festgeschrieben werden, aber sich dennoch an bisherigen Erfahrungswerten orientieren. Nach außen wird nachhaltige Entwicklung des Jazzclubs durch vielfältige Parameter wie durch Einholen von persönlichem Feedback der Besuchenden und Pressearbeit kommuniziert.

Als Anreize dienen den ehrenamtlich Engagierten kostenlose Konzerte und Freigetränke. Positiv aufgefallen ist uns der Werbebutton „kauft regional“auf der Homepage, welcher viele lokale Partner*innen fördert.

Zur Programmgestaltung in Punkto Nachhaltigkeit wird „Jazzklassixs“, eine kreative Form von Jazz und Film, außerdem Dokumentationen in Kooperation mit der Kinemathek, angeboten. Dadurch erhofft man sich das Publikum weiter aufzufächern.

Umwelt

Vorab gilt es zu beachten, dass der Jazzclub e.V. Karlsruhe noch am Ausbau/Umbau der eigenen Räumlichkeiten beteiligt ist. Die momentanen architektonischen Gegebenheiten (Tagesmiete bei der Stadt Karlsruhe) erschweren es, sich intensiv mit dem Aspekt Umwelt auseinander zu setzen. Ab 2021 ist die Inanspruchnahme natürlicher Ressourcen sinnvoll und angedacht (Strom, Wasser, Lichttechnik).

Bisher ist die Mülltrennung standardisiert. Die zentrale Lage des Jubez gewährt den Mitarbeitenden eine ressourceneffiziente und klimaschonende Nutzung, da Transportwege (Musikinstrumente, Bühnenequipment) entfallen. Den Besuchenden ermöglicht es eine bequeme, schnelle Anreise mit dem Rad.

Zukünftig wäre eine Umfrage zur Mobilität interessant, welche mit Werbung kombinierbar sein könnte.

Zum Thema Gleichbehandlung äußerte sich Niklas Braun: “Wir bringen vom Künstler, Techniker bis zur Putzfrau alle Gäste im 4 Sterne Hotel unter. Sie kommen gerne wieder und für uns ist das eine Form des Respektes und gutem Anstand. Für uns gibt das unbezahlbares Feedback.“

In Bezug auf kulinarische Angebote legen sie auf saisonalen und regionalen Bezug von Lebensmitteln wert. Sie kooperieren mit hiesigen Sponsoren (siehe Webseite). Selbstverständlich werden auch vegetarische oder vegane Speisen serviert.

„Bei jedem neuen Auftritt fragen wir unser Künstlerteam nach vegetarischen Tendenzen und passen uns an. Generell bieten wir hauptsächlich vegetarische Gerichte und Geflügel an, da man religiösen Einschränkungen vorbeugen möchte.“

 

Gesellschaft

Augenblicklich ist der Jazzclub e.V. Karlsruhe ein ehrenamtlicher Kulturbetrieb, ab 2020 sind auch Mini-, Teilzeitjobs bis zur Festanstellung in Planung. Als Motivation dienen den Helfenden die eigene Passion, Anreize auf freie Konzerte, gemeinsame Ausflüge und ein gutes Team. Bei den Europäischen Kulturtagen engagieren sie sich alle zwei Jahre mit einem Konzert und bringen sich bei Themenprojekttagen der Stadt ein. Es besteht eine Nachwuchsförderung in Form der „Jazzdiscovery“. Diese ist von Studenten organisiert und findet im Rahmen des Jazzfestivals statt. Auch für die Jüngsten wird Vieles geboten, zum Beispiel „Jazz für Kids“ als musikalische Geschichten.

Wie bereits erwähnt, versteht sich der Verein als wohltätig und gemeinnützig, daher gibt es rabattierte Ticketkontingente (Karlsruher Pass, Behindertenausweis, Ü60 Karte, Kinder <16 frei). Niklas Braun schilderte in einer außergewöhnlichen Selbstverständlichkeit: „Wir boten einem Obdachlosen im eisigen Winter einen Platz zum Wärmen“. Auf die Frage nach gegenseitiger Einflussnahme von Politik und dem Verein, erläuterte Herr Braun, dass eine große städtische Förderung bestehe, um die Kulturlandschaft in Karlsruhe voran zu bringen. Bei Spendengeldern treffen sie eine gezielte, politische Auswahl. Durch die Struktur des Jazzclubs müssen Drittmittel offen gelegt werden (Mitglieder haben Einsicht).

 

Fazit

Das Interview schilderte,dass der Jazzclub in vielen Punkten dem Branchenkodex der Nachhaltigkeit entspricht. Gerade die Gesellschaftliche Nachhaltigkeit wird hier großgeschrieben. Nach Bezug der neuen Räumlichkeiten sollen zukünftige Maßnahmen für die Ökologische Nachhaltigkeit in Angriff genommen werden. Der Verein ist in der Region stark verankert und profitiert von seinen vielen ehrenamtlich Helfenden.

Wir bedanken uns recht herzlich bei Herrn Niklas Braun für seine Aufgeschlossenheit sowie sein Engagement und das große Zeitfenster, das er für uns eingeräumt hat.

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